Das BARF-Profil - eine Absicherung, dass Du ausgewogen fütterst?

Kennst Du das?

Du bist eigentlich überzeugt, dass Barfen die richtige Fütterung für Deinen Hund ist?

Barfen tut ihm sichtlich gut?

Sein Fell glänzt und er liebt sein Futter?

Du hast Dich mit der „Materie“ auseinander gesetzt?

Hast einiges berechnet und weißt auch, warum Du beispielsweise Seealgenmehl oder Fisch fütterst und wie das mit dem Fett funktioniert?

Und trotzdem beschleicht Dich manchmal so eine leichte Unsicherheit, ob Dein Hund wirklich alles bekommt, was er an Nährstoffen benötigt?!

 

Immer wieder lese und höre ich solche Sätze wie „Ich wüsste schon gerne, ob ich beim Barfen alles richtig mache“ oder „Es wäre beruhigend zu wissen, dass mein Hund mit allem versorgt ist, was er braucht“ und „Ich will ja nichts falsch machen“.

 

Wie schön wäre es also, wenn Du einfach beim Tierarzt ein Blutbild machen lassen könntest, das Dir quasi „ganz offiziell“ bescheinigt, dass Deine Fütterung tatsächlich richtig und gut so ist.

Schließlich wird das beim Tierarzt ja sogar angeboten - das BARF-Profil, das genau das verspricht: eine Überprüfung der Nährstoffversorgung anhand eines Blutbildes.

Vielleicht hast Du sogar schon einmal ein BARF-Profil machen lassen?

Du hast Dich das auch einiges kosten lassen (bis zu 200€ sind keine Seltenheit!)?

Und warst anschließend erleichtert, dass alle Ergebnisse im Normbereich waren, was Dich beruhigt und in Deiner Fütterungsart bestätigt hat?

Oder hast Du abweichende Werte im BARF-Profil vorgefunden und besorgt Deine Fütterung hinterfragt? Hast befürchtet, dass Dein Hund immense Mängel hat? Hast Dir selbst die Schuld gegeben, falsch zu füttern? Vielleicht sogar überlegt das Barfen wieder aufzugeben? Und tagelang mit googeln und Facebookgruppen verbracht, um Deine Fütterung zu optimieren?

 

Dann richtet sich dieser Blogartikel ganz besonders an Dich – und damit Du nicht bis zum Ende des Artikels durchhalten musst, hier schon einmal die erlösende Nachricht: Durchatmen – und keine Panik!

 

Ein BARF-Profil kann keine verlässlichen Aussagen über die Qualität Deiner Fütterung und die Nährstoffversorgung Deines Hundes liefern. Weder als Bestätigung, dass Du alles richtig machst noch als Hinweis, dass Du deine Fütterung optimieren solltest.

So, das mal vorweg... Aber schauen wir uns doch genauer an, warum das so ist:

 

Das BARF-Profil - was ist das überhaupt?

Als BARF-Profil bezeichnet man eine bestimmte Art von Blutbild (Serum und Vollblut), bei dem folgende Bestandteile untersucht werden:

  • kleines Blutbild, also Aussagen zu den Blutzellen, u.a. Erythrozyten-, Leukozyten- und Thrombozytenanzahl (also rote und weiße Blutkörperchen sowie die Blutplättchen), Hämatokrit (Anzahl der Blutzellen im Blut), unterschiedliche Werte zum Hämoglobin (roter Blutfarbstoff)  – damit werden Hinweise geliefert, ob u.a. Infektionen, Entzündungen oder eine Anämie vorliegen
  • Albumin (wichtiges Protein, das u.a. Vitamin D, Fettsäuren, Hormone und Enzyme transportiert) – kann auf Proteinverlust, unzureichende Proteinaufnahme oder eine Dehydratation hinweisen, außerdem sind Hinweise auf chronische Lebererkrankungen möglich (allerdings reicht der Wert alleine zur Diagnostik nicht aus, hier wären weitere Werte zur Funktion der Leber wichtig)
  • Schilddrüsenhormon T4 (kann einen (!) Hinweis zur Funktion der Schilddrüse liefern)
  • einige Nährstoffe wie Jod, Calcium, Phosphat, Zink, Kupfer, Vitamin A und Vitamin D

 

Du denkst jetzt bestimmt „Richtig, dass sind ja genau die Werte, bei denen ich in der Fütterung immer unsicher bin. Gebe ich genug Calcium über die Knochenfütterung, habe ich die zugeführte Seealgenmenge zur Jodversorgung richtig berechnet, gibt es genug Vitamin D durch den Lachs?“.

Da liegt es doch eigentlich nahe, genau diese Werte genauer anzuschauen, oder?

Stimmt, das dachten sich sicher auch die „Erfinder“ des Barfprofils 😉

 

Es gibt aber einige gute Gründe, warum aus den Werten keine Rückschlüsse auf die Nährstoffversorgung durch die Fütterung geschlossen werden können.

 

Erster guter Grund: Ein Blutbild ist immer nur eine Momentaufnahme.

Es können immer nur Aussagen über den aktuellen Zustand des Blutes getroffen werden, also das, was zum Zeitpunkt der Blutabnahme im Blut beispielsweise gerade transportiert wurde. Das ist u.a. davon abhängig, wann die letzte Fütterung stattgefunden hat und was deshalb eben noch an seine Bestimmungsorte im Körper befördert werden muss. „Im Blut sind Zinkgehalte stark abhängig vom Zeitpunkt der Blutentnahme (der Wert steigt eine Stunde nach Fütterung an und sinkt dann allmählich ab)“ [1].

 

Zweiter guter Grund: Manche Nährstoffe werden im Körper gespeichert oder liegen v.a. gebunden vor.

Der zweite gute Grund ergibt sich direkt aus dem ersten Grund.

Über das BARF-Profil kann ja nur das überprüft werden, was im Blut vorliegt, das ist logisch, richtig?

Wenn nun aber manche Nährstoffe gar nicht ständig im Blut zirkulieren, sondern, wie schon beim Zink beschrieben, nur kurzzeitig in großer Menge im Blut sind und ansonsten im Körper gespeichert werden, dann kann das Blutbild über den Versorgungsstatus nichts aussagen. Zink wird z.B. überwiegens in den Knochen gespeichert. Beim Kupfer ist das insbesondere die Leber. Um wirklich nachweisen zu können, ob genug Kupferreserven „im Hund“ sind, müsste man eine Leberbiopsie durchführen (aber wer will das schon einfach so mal machen?).

Das Speicherargument gilt auch für Vitamin A, das vorrangig in der Leber und Niere gespeichert wird. Deshalb ist die Aussagekraft der Messung von Retinol (Vit. A-Verbindung) im Blut wissenschaftlich umstritten.

Jod liegt zwar zu Teilen als freies Jodid im Blut vor, ist zu einem Großteil aber an Plasmaproteine gebunden oder ist Bestandteil der Schilddrüsenhormone Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3). Eine Unter- oder Überversorgung mit Jod hat direkte Auswirkungen auf die Hormonbildung der Schilddrüse. Daher müssen diese Werte immer gemeinsam betrachtet werden. Liegt eine Jodvergiftung vor, kann das über das Blut erkannt werden, aussagekräftige Aussagen zur Versorgungslage des Körpers mit Jod werden aber beispielsweise eher über einen Urintest erlangt.

 

Dritter guter Grund: Manche Nährstoffwerte sind abhängig von Alter, Erkrankungen und Medikamenten

Aus diesem Grund sind die Werte ohne zusätzliche Organblutwerte und/oder Anamnese nicht belastbar einzuordnen.

Als Beispiele sind Anästhetika, Diuretika, Entzündungs- und Schmerzhemmer, Medikamente gegen Epilepsie sowie Insulin zu nennen, die teilweise Auswirkungen auf den Calciumspiegel und Phosphorspiegel im Blut haben können. Außerdem haben Erkrankungen wie eine Niereninsuffizienz, Lebererkrankungen, Pankreatitis, Tumore und sogar Durchfall und Erbrechen ggf. schon Auswirkungen auf die aktuelle Situation der Blutwerte (Momentaufnahme, Du erinnerst Dich?).

 

Vierter guter Grund: Der Körper ist immer um ein Gleichgewicht bemüht.

Der Körper Deines Hundes versucht ständig um jeden Preis, ein Gleichgewicht aufrechtzuerhalten (das nennt man Homöostase). Dafür gibt es eine Vielzahl an Mechanismen, die ineinandergreifen.

Als sehr eindrückliches Beispiel ist hier das Calcium zu nennen. Im Blut (und der Lymphe) liegt nur etwa 1% des gesamten Calciums des Körpers vor. Der Rest, also 99% des Calciums ist in den Zähnen und Knochen gebunden.

Der Körper setzt alles daran, diesen 1%-Spiegel konstant zu halten. Nur so können alle wichtigen Stoffwechselvorgänge, für die Calcium benötigt wird (u.a. Nervenleitung, Blutgerinnung, Muskelkontraktion, Säure-Basen-Haushalt und natürlich Knochenaufbau), problemlos ablaufen. Dazu arbeiten vor allem zwei Hormone, das Parathormon sowie sein Gegenspieler Calcitonin zusammen. Wird zu wenig Calcium mit der Fütterung zugeführt, fällt der Calciumspiegel im Blut erst einmal ab. Dadurch wird das Parathormon aktiv und signalisiert dem Körper, dass Calcium benötigt wird. Eine Zeitlang kann aus dem Darm beispielsweise zusätzliches Calcium freigesetzt werden, wird aber dauerhaft zu wenig Calcium geliefert, beginnt der Körper, Calcium aus seinen Speichern freizusetzen. Er nimmt sich also Calcium aus den Knochen und Zähnen und gibt es ins Blut ab!

Für die dadurch entmineralisierten Knochen fatal - für die Stoffwechselvorgänge im Blut wichtig.

Wenn Du also im Barf-Profil das Calcium betrachtest, kannst Du daraus keine Rückschlüsse ziehen, ob das Calcium aus der Nahrung stammt oder ob der Körper „Selbstbedienung“ betreibt und es sich aus den Knochen geholt hat.

Ein großer Teil des Calciums im Blutserum ist außerdem an das Albumin, das Transportprotein gebunden. Ist Albumin also beispielsweise verändert, dann beeinflusst das wiederum den Calciumwert.

Es gibt also auch Wechselwirkungen, was uns zu Punkt fünf bringt.

 

Fünfter guter Grund: Wechselwirkungen zwischen den Nährstoffen

Du kennst das vielleicht von Calcium und Phosphor, dem „berühmten“ Verhältnis, das einander in der Aufnahme beeinflusst. Darüber hinaus gibt es aber noch eine Vielzahl weiterer gegenseitiger Einflussnahmen. So spielt zum Beispiel Vitamin D eine wichtige Rolle, damit das zugeführte Calcium überhaupt im Körper aufgenommen werden kann. Wird deutlich zu viel Eisen gefüttert, kann Calcium und Zink schlechter resorbiert werden, eine Überversorgung mit Zink kann wiederum zu einem Kupfermangel führen und zu viel Magnesium kann Auswirkungen auf die Aufnahme von Calcium und Phosphor haben. Gleichzeitig behindert eine Überversorgung mit Calcium die Zinkaufnahme.

 

Möglicherweise hast Du im BARF-Profil also den Hinweis auf eine Unterversorgung mit Zink, worauf diese aber zurückzuführen ist, das kann Dir das Profil nicht beantworten. Hast Du tatsächlich zu wenig Zink gefüttert? War Dein Hund bei der Blutabnahme einfach sehr lange nüchtern und das aufgenommene Zink ist zum Großteil schon im Knochen eingespeichert? Hast Du möglicherweise eine Überversorgung mit Calcium? Oder liegt gar eine Lebererkrankung oder exokrine Pankreasinsuffizienz vor?

Rückschlüsse auf eine bedarfsdeckende oder mangelhafte Fütterung kannst Du leider nicht ziehen!

Das haben die Labore mittlerweile sogar selbst erkannt und raten von einem BARF-Profil ab. Wer mehr lesen möchte: Labor Idexx - Dillitzer/Thes

 

Wie kann ich denn dann sicherstellen, dass mein Hund alles bekommt, was er braucht?

„Na super“, denkst Du jetzt bestimmt, „wie soll ich denn dann jetzt herausfinden, ob mein Hund alles bekommt, was er braucht?“

 

Ganz einfach: mit einer Rationsüberprüfung bei einer Ernährungsberatung 😊. Dabei berichtest Du ganz genau und im Detail, was Du z.B. pro Woche fütterst und der/die Ernährungsberater/in Deines Vertrauens überprüft, welche Nährstoffe in welcher Menge „im Hund landen“. Das wird dann im Vergleich mit den Bedarfswerten Deines Hundes betrachtet, auf eventuelle Unstimmigkeiten korrigiert und individuell ggf. angepasst. So kannst Du sicher sagen, dass alle benötigten Nährstoffe passend zugeführt werden. Der zusätzliche Vorteil: der Preis ist deutlich günstiger als ein BARF-Profil 😉

 

Übrigens: Grundsätzlich macht es schon Sinn, ab und an ein Blutbild zu machen. Aber kein BARF-Profil, um zu überprüfen, ob Du richtig fütterst, sondern ein Blutbild, um den Gesundheitszustand Deines Hundes zu überprüfen.

Hierfür eignet sich z.B. ein geriatrisches oder großes Blutbild, bei dem neben dem kleinen Blutbild Werte genommen werden, die Aufschluss über den Zustand der Organe (Leber, Niere, Pankreas etc.) liefern.

 


[1] Dillitzer/Thes (2014): Barf-Profil bei Hund und Katze – Stärken und Schwächen auf einen Blick. Idexx Laboratories. Diagnostic Updates.